“Denk dran, nächste Woche hat Dein Bruder Geburtstag.“ Diesem Hinweis meiner Frau schwingt ein leicht energischer Unterton mit, wohl weil sie denkt, dass ich das Ganze wieder vergesse, wenn sie mich nicht immer daran erinnert. „Ja weiß ich.“, entgegne ich, schnappe meine Sporttasche und schlage schon den Weg Richtung Haustür ein. „Bin dann beim Sport!“, rufe ich und will gerade die Tür schließen als von drinnen die Frage gestellt wird, auf die ich noch nie eine passende Antwort hatte. „Was hast Du denn als Geschenk?“ Verdammt, damit kriegt sich mich immer, denn natürlich habe ich wieder mal keine Idee. Irgendwie bin ich nicht der Typ zum Schenken und mir fällt auch nie wirklich etwas Tolles ein. Bisher habe ich mich immer drauf verlassen, dass sich meine Frau darum kümmert. Inzwischen steht sie mir gegenüber und schaut mir in die Augen. „Keine Ahnung, stimmt´s?“ Sie lächelt. Ich schüttle den Kopf.
„Los, komm wieder rein und kümmere Dich mal drum. Nicht dass Du dieses Jahr wieder auf dem Weg zur Geburtstagsfeier schnell noch einen Gutschein im Baumarkt holst. Zum Sport kannst Du auch morgen wieder gehen.“ Während ich also meine Sporttasche wieder in die Ecke stelle, sage ich mehr zu mir selbst: „Mir fällt doch sowieso nichts Gescheites ein.“
„Los, wir machen uns mal gemeinsam Gedanken“, sagt meine Frau und setzt sich neben mich an den Esstisch. „Jedes mal wenn Ihr Euch trefft, beschwert Ihr Euch, dass Ihr Euch so selten seht. Vielleicht ist das ein Ansatz.“
„Klar, ich schenke Ihm ein Foto von mir, dann kann er mich jeden Tag angucken.“ Sie lacht.
„Na, da wird er sich aber freuen. Nein, ich meine irgend etwas, was Ihr vielleicht gemeinsam machen könnt.“
„Du meinst aber hoffentlich nicht den Pilateskurs, den Du mir Deiner Schwester machst? Dann gehen wir lieber zusammen in die Kneipe.“ Sie lacht wieder.
„Nein, aber das mit der Kneipe geht vielleicht schon in die richtige Richtung. Nur müsst ihr doch nicht jedes Mal fortgehen, um Euch öfter zu sehen. Früher habt Ihr regelmäßig Karten gespielt.“
So langsam verstehe ich worauf sie hinaus will. „Naja, er spielt manchmal Onlinepoker. Vielleicht können wir uns hin und wieder zum Zocken treffen. Da hätten vielleicht auch noch eins, zwei andere Leute Interesse.“
„Gut“, sagt Sie, „aber online spielen ist nicht. Ihr sollt Euch treffen.“
„Ja, schon klar. Ich schau mal was es gibt.“
Ein paar Tage später ist er da, der neue Pokerkoffer. Ich hätte nie gedacht, dass ein Pokerkoffer so schwer ist. Da ich selbst bisher nicht Poker spielte,musste ich erst einmal etwas recherchieren um zu wissen, was man alles benötigt. Glücklicherweise werden bereits fertige Pokersets in unterschiedlichen Größen angeboten. Manche auch gleich mit passendem Koffer. Für mich ideal und dafür habe ich mich dann auch entschieden. Darin enthalten sind laminierte Pokerkarten, Dealerbutton, Buttons für den Big und den Small Blind, Würfel und jede Menge schwere Laserchips mit den verschiedenen Wertigkeiten. Sieht alles toll aus und ich kann es gut als Geschenk verpacken. Ich freue mich über „meine“ Idee und überreiche das Paket meinem Bruder voller Stolz.
Was soll ich sagen. Nun sind ein paar Wochen vergangen und bisher ist das Geschenk ein voller Erfolg. Wir haben uns fest vorgenommen, uns nun regelmäßig zu treffen und bei einer gemütlichen Pokerrunde die Neuigkeiten der vergangenen Tage auszutauschen. Den Pott habe ich zwar bisher noch nicht gewinnen können, aber auch mein Spiel und mein Pokerface werden von Mal zu Mal besser. Inzwischen haben sich uns noch ein paar Freunde angeschlossen und es ist immer sehr spannend zu sehen, mit welchem Kalkül ein jeder versucht, seine Mitspieler zu täuschen. Wenn man seine Gegner, deren Strategien und Bluffs einmal kennt, kann man sich selbst auch darauf einstellen. Sicher stehe auch ich am Ende des Abends dann auch einmal als Sieger vom Pokertisch auf.